Peggy Wehmeier zeigt in diesem Buch, dass Märchen für kleine und große Leute interessant sein können - und dass sich auch schwere Inhalte wie der Tod für Kinder verstehbar machen lassen.
Der Zauberlehrling Tenan hat sein ganzes Leben bisher auf der Insel Gondun verbracht und gab sich mit den Lehren seines Meisters selten zufrieden. Um Gondun zu verlassen – und sei es nur für wenige Tage – würde er einiges geben. Überraschend bietet das Schicksal ihm eine Möglichkeit, als er in einem Schiffswrack an der Küste einen sonderbaren Kristall findet. Sein Meister Osyn bemerkt schnell, welche Gefahr von diesem ausgeht und lässt den nicht ausgelernten Jungzauberer schweren Herzens zur Hauptstadt des Reiches ziehen, um den Stein in die Obhut des Hochkönigs zu übergeben. Doch die Reise wird nicht ohne Gefahren vonstatten gehen, der Todesfürst, der mithilfe des Kristalls die Herrschaft über das Inselreich erlangen will, sucht bereits nach dem Sterblichen, in dessen Besitz sich der Kristall befindet. Tenan bricht überstürzt auf und sucht nach einem Schiff, das ihn über das Meer in die Hauptstadt bringen kann, bevor er von den Kriegern des Todesfürsten entdeckt wird.
Gut und Böse werden hier in typischer Manier einander gegenübergestellt. Sehr eindrucksvoll findet ein ständiger Wechsel der Sichtweise auf das Geschehen statt. Einerseits schaut man Tenan und seinen Gefährten über die Schulter, andererseits beobachtet man immer wieder den Todesfürsten und seine Schergen bei ihren dunklen Machenschaften. Nur eine Figur gerät dabei etwas in den Hintergrund: Der gleich zu Beginn des Romans vorgestellte Lord Iru, der durchaus eine wichtige Position in der Konstellation der Figuren einnimmt. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Mann in den Folgeteilen mehr Beachtung findet. Die übrigen Figuren um Tenan regen zum Schmunzeln an, sei es der Fairin Urisk, ein haariges Lebewesen aus den Wäldern Gonduns, das Meister Osyn seinem Schüler zur Unterstützung mit auf den Weg gibt, oder Harrid, der Kapitän des Handelsschiffes, mit dem Tenan von der Insel fliehen kann. Sie alle sind aufwendig gezeichnet und könnten unterschiedlicher kaum sein. Bereits bestehende Vorlangen bekannter Fantasy-Romane scheinen allerdings teilweise durch – etwa in ebendieser Figurenzusammenstellung unterschiedlichster Wesen aus dem Inselreich –, das Buch bewahrt sich aber noch genügend Eigenständigkeit, um gut zu unterhalten.
Dabei ist es sprachlich relativ unspektakulär, die gleich zu Beginn aufgebrachte Spannung flacht vorerst ab. Der in der Schweiz lebende Autor Marcus Reichard unterteilt die Handlung seines Debüts in drei einzelne Bücher, jedes mit seinen eigenen kleineren und größeren Spannungsbögen versehen. Das erste Buch jedoch bleibt relativ vorhersehbar. Bereits im zweiten Teil passieren jedoch allerhand Ereignisse, die immer wieder überraschen.
Der vorliegende Band bietet dabei nur den Auftakt zu der als Trilogie angelegten Reihe um Tenan und seine Freunde. Ein Glossar und eine Karte, die auch im Internet auf der offiziellen Seite zum Buch zu finden sind, geben Hintergrundinformationen. Die offizielle Seite bietet außerdem Kontaktmöglichkeiten zu Marcus Reichard, eine Leseprobe und weitere Extras zum Buch.
Insgesamt ein spannender Fantasy-Roman, der zwar nicht in allen Aspekten überzeugt, aber dennoch zu fesseln weiß und auf eine rasche Fortsetzung hoffen lässt.
Marcus Reichard: Das Siegel der Finsternis.
Hoffmann und Campe, Februar 2009.
528 Seiten, Taschenbuch, 14,95 Euro.